ERGEBNISPROTOKOLL LANDKREIS WESERMARSCH

FACHDIENST 68
UNTERE WASSERBEHÖRDE
FENJA KWIATKOWSKI
Brake, 24. November 2023


Fischsterben im Bereich der Ollen im August 2023
Hier: Nachbesprechung des Ereignisses am 24.11.2023, 10:00-12:00 Uhr,
Konferenzraum Poggenburger Straße 7


Anwesende: Herr Dr. Salva (LFV Weser-Ems e.V.), Herr Mattes (SFV Berne e.V.), Herr
Hasselberg (SFV Berne e.V.), Herr Holm (SFV Berne e.V.), Frau Harbers (UNB), Frau
Bleckmann (UWB), Frau Kwiatkowski (UWB), Herr Christgau (UWB), Herr Döhle (EV
Stedingen), Herr Steinke (EV Stedingen), Herr Paack (Gem. Lemwerder)


Frau Bleckmann begrüßt die Anwesenden.
Frau Kwiatkowski fasst das Geschehen zusammen und stellt allen Anwesenden die
Ursachsen zum Fischsterben, die Analysenergebnisse sowie mögliche
Präventionsmaßnahmen vor:
Durch langanhaltende Starkregenfälle im Juli 2023 wurden Nährstoffe und Eisen in die
Gewässer eingetragen. Durch den Einstau der Grünlandflächen hat hier ein anaerober
Abbau der Grasnarbe stattgefunden. Sauerstoffarmes Wasser wurde durch die
gesteuerte Entwässerung bis zum Motzener und Lichtenberger Siel gepumpt. Ein
flächendeckendes Fischsterben war die Folge. Eine Prävention ist schwierig, da die
Folgen des Klimawandels nicht aufgehalten werden können. Ziel muss es sein die
Gewässer als resiliente Ökosysteme zu erhalten. Ggf. kann ein entsprechendes
Pilotprojekt zur Verbesserung der Situation vor Ort beitragen.
Herr Dr. Salva ergänzt, dass für einen derartigen Fall keine klaren Zuständigkeiten existieren.
Es gibt einen Maßnahmenplan vom LAWES, der den Umgang mit Fischseuchen regelt.
Die Anwesenden sind sich einig, dass dieser Maßnahmenplan beim Fischsterben an der Ollen
keine Anwendung findet, da es offensichtlich keine Fischseuche war.
Herr Dr. Salva teilt mit, dass es beabsichtigt ist auf Ebene des MU/ML eine Arbeitsgruppe zu
bilden. Ziel dieser Arbeitsgruppe ist u.a. die Klärung der Zuständigkeiten für ein Fischsterben
dieser Art (ausgelöst durch den Klimawandel; ohne Verursacher). Zudem stellt er das Problem
des örtlichen Fischereivereins dar, dem eine öffentlich-rechtliche Hegepflicht obliegt. Diese
umfasst  
1. die Erhaltung und Wiederherstellung von Aufenthalts-, Nahrungs- und
Fortpflanzungsmöglichkeiten als Teil der belebten Natur,
2. die Verhinderung von Fischkrankheiten,
3. die Abwehr von Fischfeinden, sowie
4. den künstlichen Besatz geschädigter Gewässer
 


Fraglich ist ob diese Hegepflicht auch auf einen derartigen Naturschaden Anwendung findet
bzw. zu einem Ökosystem-Aufbau verpflichtet. Diese Frage kann im Rahmen dieses Termins
nicht geklärt werden.
Frau Bleckmann plädiert für einen Alamierungsplan und stellt die Frage nach einem
Wasserstandsmanagement, um tiefliegende Flächen zu entwässern, aber auch die
Rückhaltung von sauerstoffarmem Wasser in der Fläche zu ermöglichen.
Der Entwässerungsverband erläutert das Vorgehen im August. Vor dem Starkregen wurde
frühzeitig eine Speicherlamelle geschaffen, während des Starkregens wurden Ringspülungen
und die Entwässerung der Flächen im Wechsel durchgeführt. Zentrales Problem: Altenesch
liegt zu tief, um eine stärkere Wasserrückhaltung in der Fläche zu ermöglichen. Grünländer
und Maisäcker standen im August 2023 bereits unter Wasser. Altenesch ist trotzdem teilweise
abgesoffen. Einige Gewässerabschnitte sind für derartige Wassermassen zu klein oder zu
stark bewachsen und bremsen damit den Wasserabfluss. Das Entwässerungssystem ist an
seine Belastungsgrenze gestoßen.  
Alle Anwesenden sind sich einig, dass Privateigentum primär zu schützen ist.
Herr Dr. Salva erwartet eine Positionierung des MU/ML. Es müsse ein „Wert für die
Ökosysteme Land & Wasser“ festgelegt werden und evtl. ein Wiederaufbaufond für derartige
Ereignisse zur Verfügung stehen.
Frau Bleckmann stellt die Wichtigkeit der ordnungsgemäßen Gewässerunterhaltung dar. Nur
so kann ein unkontrollierter Rückstau in der Fläche verhindert werden. Die Städte und
Gemeinden überwachen im Rahmen der Gewässerschau die ordnungsgemäße
Gewässerunterhaltung. Die UWB und UNB sind hier unterstützend tätig und nehmen auch an
der Gewässerschau teil.
Frau Harbers stellt als Arbeitsgrundlage für eine ökologische Gewässerunterhaltung die
Wichtigkeit von Unterhaltungsplänen dar. In diesen ist eine Priorisierung der einzelnen
Gewässer sowie eine Positionierung der UWB/UNB möglich und sichtbar. Die Datengrundlage
des NLWKN ist für die Erstellung eines derartigen Unterhaltungsplans jedoch nicht
ausreichend. Problem der ökologischen Gewässerunterhaltung sind aus Sicht der UNB
insgesamt eher Privatgewässer als Verbandsgewässer.
Herr Paack regt die Erstellung einer Handlungshilfe für Privateigentümer an und spricht sich
für eine Aufnahme der kritischen Gewässer (Priorisierung) aus. Der Vorschlag des EV die
Gewässer in B-Plan-Gebieten in Gemeindehand zu lassen wird von Herrn Paack als nicht
umsetzbar abgewogen.
Frau Kwiatkowski bestätigt, dass der Landkreis bereits an der Erstellung derartiger
Handlungshilfen arbeitet. Frau Bleckmann ergänzt, dass sich die UWB konsequenter gegen
den Verbau der Gewässer einsetzen will.
Herr Dr. Salva erläutert, dass ein Mosaik an Verlandungsstadien zum Erhalt des
Artenspektrums führt und eine Wiederbesiedlung der frisch unterhaltenen
Gewässerabschnitte ermöglicht. Er schlägt vor die für einen Unterhaltungsplan mangelnde
Datengrundlage durch geschultes Personal zu ersetzen und regt eine fachliche Unterstützung
der Gewässerunterhaltung durch die UNB an.  
Frau Bleckmann beendet den Termin. Die UWB wird den Teilnehmenden einen Alarmplan zur
Abstimmung zukommen lassen und diesem einem Ergebnisprotokoll zum Termin beifügen.



Ausblick:
Es bleibt abzuwarten, was auf Landesebene seitens der Arbeitsgruppe von ML/MU
ausgearbeitet wird.
Auf lokaler Ebene ist die Erstellung eines Alarmplans und die Veröffentlichung einer
„Handlungshilfe zur Gewässerunterhaltung“ beabsichtigt. Weiterhin wurde im gemeinsamen
Gespräch deutlich, dass Unterhaltungspläne einen zentralen Baustein in der Herstellung
resilienter Ökosysteme bilden können. Die Untere Wasserbehörde steht hier gerne beratend
und unterstützend zur Verfügung.  
 


Gezeichnet
Kwiatkowski
 



Alarmplan Fischsterben (Sauerstoffmangel nach Starkregen oder Dürren)
Stand: Dezember 2023

 

Dieses Maßnahmenblatt wurde aufgestellt, um einem Fischsterben (einem massenhaften oder
auffälligen Sterben von Fischen oder anderen aquatischen Organismen in einem offenen
Gewässer), das offensichtlich weder durch einen direkten Verursacher noch eine Tierseuche
hervorgerufen wurde, adäquat zu begegnen und das Handeln der in diesem Fall involvierten
Institutionen zu koordinieren. Eine erfolgreiche Abwehr und Bekämpfung eines derartigen
Fischsterbens setzt den Informationsaustausch zwischen den beteiligten Stellen und das
Ineinandergreifen der durchzuführenden Aktionen voraus.
Sofern ein Verursacher für das Fischsterben ermittelt werden kann, wird umgehend die
Polizei eingeschaltet. Die untere Wasserbehörde veranlasst nach § 100 WHG weitere
Maßnahmen zur Gefahrenabwehr!
Bei Verdacht auf eine anzeigepflichtige Tierseuche wird der Alarmplan des LAVES
abgearbeitet!
Der Begriff „Fische“ umfasst im Folgenden: Fische, Rundmäuler, Weich- und Krebstiere.  

 

 Eine Meldung über ein Fischsterben geht bei einer Institution ein


Zu erfassende Informationen:
» Ort/Lage
» Gewässerbezeichnung
» Schadensbild (Anzahl toter Fische, Geruch bzw. Färbung des Gewässers, etc.)

 

 Die Meldung wird an folgende Institutionen weitergeben

 

unverzügliche Erstinformation an:
» den zuständigen Entwässerungsverband
» den Landkreis Wesermarsch, untere Wasserbehörde (04401 - 927 0)

 

Die UWB informiert:
» den zuständigen örtlichen Fischereiverein
» die zuständige(n) Gemeinde(n)
» die untere Naturschutzbehörde
» den Landesfischereiverein
» das Staatliche Fischereiamt Bremerhaven (0471 - 97254 0)
» LAVES Oldenburg

 

Weitere ggf. durch die UWB zu beteiligenden Stellen
» Eigentümer und Nutzungsberechtigte, Anlieger
» Örtliche Feuerwehr oder andere Hilfsorganisationen, wie Technisches Hilfswerk
» Bei der Vermutung einer Schadensausbreitung und damit verbundenen
grenzüberschreitenden Schadensereignissen (gemeinde- oder
landkreisüberschreitend) sind die betroffenen zuständigen Behörden
(Landkreis/Gemeinde) zu informieren
» Bei großflächigen Schadensereignissen wird ggf. die höhere Wasserbehörde (MU)
informiert

 

 zu treffende Sofortmaßnahmen

 

» der Entwässerungsverband veranlasst entsprechende Sofortmaßnahmen um die
Gefahren für Tier- und Pflanzenarten zu minimieren und eine Verbesserung der
Gewässerqualität zu erreichen. Der Entwässerungsverband entscheidet über die
Einbindung der Feuerwehr oder anderer Hilfsorganisationen (z. B. durch Sperren
von Gewässerabschnitten oder -abläufen, Abpumpen von Schadstoffen, Belüften
von Gewässern) im Schadensfall.
» Die Untere Wasserbehörde veranlasst sofort eine lokale Probenahme der
betroffenen Gewässer und koordiniert den Informationsaustausch aller Beteiligten.
» Der zuständige Fischereiverein ist für die Bergung und Umsetzung von Fischen
eigenverantwortlich tätig und unterstützt ggf. nach Aufforderung bei der Messung
von Wasserparametern.
» Die Gemeinde und UNB werden über das Ausmaß des Schadens und das
Vorgehen zur Bekämpfung regelmäßig von der UWB in Kenntnis gesetzt
» Der Landesfischereiverein und die untere Naturschutzbehörde stehen beratend zur
Seite.

 

 Ermittlung des Schadens
Sofern für das Fischsterben kein Verursacher ausgemacht werden kann
(Sauerstoffmangel nach Starkregen oder Dürren) wird von der Erstellung eines
Schadensgutachtens abgesehen. Stattdessen sollte nach Möglichkeit eine
Elektrobefischung durchgeführt werden, um den Neubesatz mit Fischen entsprechend
planen zu können.